Additive Fertigung: Ideen hoch drei

Wenn es um individuelle Werkzeuglösungen für die Serienfertigung geht, sind unsere Experten gefragt. Hier erläutern sie, warum hybride Tools eine wichtige Rolle spielen.

Renishaw RenAM500Q am Standort Besigheim

Als Experte für additive Fertigungswerkzeuge ordnen wir bei CERATIZIT alles dem Nutzen unserer Kunden unter. Spezielle Werkzeuge für Ihre Serienfertigungen suchen und finden Sie bei uns: den Pionieren für anspruchsvolle Hartstofflösungen in den Bereichen Zerspanung und Verschleißschutz.

Unser Experte für den Automotive-Bereich, Andy Staiger, bringt es auf den Punkt: „Wir sind ein international gefragter Lösungsanbieter, wenn es darum geht, Schneidezahlen zu erhöhen sowie Taktzeiten und Kosten zu reduzieren.“ Um das zu erreichen, sind die zur Verfügung stehenden Werkzeugmaschinen entscheidend: High-Performance-Werkzeuge benötigen High-Performance-Gegebenheiten. 

PKD-Planfräser HPC mit 3D-gedrucktem Aufsatzring.

Mittels Laserstrahl werden die Schneiden des PKD-Planfräsers geschärft.

Additive Technologie ökonomisch sinnvoll einsetzen

Speziell in der Bearbeitung von großen Durchmessern (>200 mm) ist sowohl die rotierende Masse, als auch das Kippmoment an der Spindel herausfordernd. „Optimales Design im additiven Fertigungsverfahren vereint optimale Stabilität der Schneide mit einem minimalen Materialaufbau. Damit erreichen wir ein geringes Gewicht des Werkzeugsystems”, erklärt Staiger. „Es ist für unsere Kunden und uns sehr wichtig, sinnvoll und ökonomisch mit dieser Technologie umzugehen.” Deshalb kommen oft sogenannte Hybridwerkzeuge zum Einsatz. Technologisch betrachtet sind sie bei der Zerspanung sehr vorteilhaft, da nur der Teil des Werkzeuges aus dem 3D-Drucker kommt, der einen Nutzen für unsere Kunden ergibt. 

Von der Entwicklung, über den Druck bis zum serienfertigen Produkt: Sehen Sie im Video, wie unser PKD-Planfräser hergestellt wird. 

3D-Druck ermöglicht völlig neue Geometrien

3D-Druck produziert in der Fertigung Geometrien, die durch konventionelle Produktionsmethoden kaum zu realisieren sind. Unser Leiter für Forschung und Entwicklung Hartmetallwerkzeuge, Dr. Reinhard Durst, erklärt: „Werkzeuggeometrie innen und außen frei gestalten zu können, bedeutet die Leistungsfähigkeit und Produktivität der Werkzeuge enorm zu steigern. Für unsere Kunden schafft das einen deutlichen Mehrwert.” An unserem Standort Besigheim haben wir uns bereits auf individuelle Werkzeuglösungen für die Serienfertigung spezialisiert, wozu die additive Fertigung perfekt ins Bild passt. 

Am Standort in Besigheim wird das Werkzeug auf Basis von Kundenanforderungen entwickelt und auf Machbarkeit geprüft.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Das einfachere Implementieren von Leichtbaustrukturen und die schnellere Produktion von individualisierten Bauteilen eignen sich optimal für das Konzept der modularen Werkzeuge. Grundsätzlich folgen wir aber immer der Prämisse: Die additive Fertigung kommt nur dann zum Einsatz, wenn das gedruckte Werkzeug einen echten Mehrwert für den Kunden bietet.

Wann genau ist der 3D-Druck für Werkzeuge sinnvoll?

Kreative Ingenieure profitieren beim 3D-Druck ganz grundsätzlich von einem freieren Design. Denn:

  • additive Fertigung ist nicht durch traditionelle Regeln in der Fertigungstechnik eingeschränkt.

Durch die neuen konstruktiven Freiheiten sind innovative Werkzeuglösungen möglich. Neu dimensionierte Werkzeugauslegungen eröffnen mehrere Vorteile. Im Einzelnen:

  • eine höhere Schneidezahl und HPC-optimierte Schneidegeometrie machen Werkzeuge produktiver und ermöglichen eine bis zu 50 Prozent höhere Vorschubgeschwindigkeit.
  • optimierter Verlauf der Kühlkanäle: jede Schneide wird von einem separaten Kühlkanal versorgt.
Eine optimierte Anordnung der Schneiden ermöglicht eine höhere Schneidenanzahl und dadurch deutlich höhere Vorschübe.
Wir sind bei CERATIZIT von der Qualität der gedruckten Werkzeuge restlos überzeugt. Sie stehen konventionell gefertigten Werkzeugen, etwa bei der Standzeit, in nichts nach.
Andy Staiger, Head of Segment Automotive

Vor allem bei der Leistung – konkret bei der Schnittgeschwindigkeit und dem möglichen Vorschub – offenbaren die additiv gefertigten Werkzeuge ihre Vorteile. Unterstützt wird das höhere Leistungsvermögen der Werkzeuge oftmals durch einen optimierten Kühlmittelfluss direkt an die Schneide. Hierfür werden die Kühlmittelkanäle beinahe völlig frei im Werkzeug positioniert. Neben der Standzeit kann dies auch den Späneabfluss positiv beeinflussen. 

Weitere Vorteile unserer additiven Fertigung sind:

  • schnellere Lieferzeit als bei klassischen Verfahren, denn auch Sonderwerkzeuge sind in kurzer Zeit lieferbar
  • Reduzierung des Bauteilgewichts

Erhöhter Vorschub mit Highend-Einschraubfräser

Am Beispiel des PKD-Aufbohrwerkzeug zeigen sich die additiv gefertigten Einsätze in den Spannuten. Dadurch werden die Späne, unterstützt durch eine geschwungene Kühlkanalführung, sicher aus der Bohrung transportiert. Anwender können sich über einen geringeren Reinigungsaufwand nach der Bearbeitung freuen: Sie erhalten spanfreie Bauteile. 

PKD-Einschraubfräser

Eines unserer ersten marktreifen Projekte bei CERATIZIT war ein PKD-Einschraubfräser, dessen additiv generierter Grundkörper mit PKD-Schneiden bestückt und auf einen Werkzeughalter aufgeschraubt wird. Das additive Verfahren ermöglichte eine veränderte Anordnung der Schneiden, wesentlich größere Achswinkel und damit deutlich mehr PKD-Schneiden, die auf dem Werkzeug grundsätzlich unterzubringen sind. Bei einem 32-mm-Einschraubkopf wurde beispielsweise die Zahl der Nuten und Schneiden von sechs auf zehn gesteigert. Entsprechend ermöglicht das Werkzeug einen in diesem Verhältnis erhöhten Vorschub.

Werkzeugprofis sehen auch Markt für unspektakuläre Lösungen

Neben derartigen Highend-Werkzeug-Lösungen setzen wir die additive Fertigung allerdings auch für etwas unspektakulärere Lösungen ein. So kommt der 3D-Druck zum Beispiel bei Aufbohrwerkzeugen mit PKD-Schneiden zum Einsatz. „Konventionell fräsen wir die Taschen für die PKD-Schneiden in einen Stahl-Grundkörper ein“, erklärt Staiger. Das PKD-Blank wird dabei eingelötet und später mit einem Laser präzisiert bearbeitet. Die Wiederaufbereitung der Werkzeuge wäre jedoch nicht ganz unproblematisch, da die eingelöteten PKD-Schneiden thermisch wieder entfernt werden müssen. Aufgrund des Wärmeeintrags in den Grundkörper reduziert sich allerdings die Lebensdauer der Werkzeuge.

Aufbohrwerkzeugen mit PKD-Schneiden

Inzwischen wirft der 3D-Drucker Kassetten für die PKD-Schneiden aus, die mit einer Schraube am Grundkörper fixiert werden. Die Werkzeuge lassen sich mit dieser Lösung nun einfacher und schneller wiederaufbereiten und der Grundkörper bleibt dabei völlig unbeeinflusst. Die 3D-gedruckte Lösung bietet zudem die Möglichkeit, die Kühlmittelversorgung optimal zu positionieren, sodass die Späne nun auch effizient aus der Bohrung gespült werden.

Konstruktion: Abschied von altbekannten Methoden

Wenn es um die Herstellung von Zerspanungswerkzeugen durch den 3D-Druck geht, ist die additive Konstruktion ein Schlüsselbegriff. Sobald sich Kunden für ein 3D-gedrucktes Werkzeug entscheiden, ist der Mehrwert bereits vorprogrammiert. „Dann geht es darum, sich gedanklich von altbekannten Fertigungsmethoden und bewährten konstruktiven Denkweisen zu lösen und die Anforderungen an das Werkzeug zu priorisieren”, schildert unser Entwicklungsexperte Karl-Heinz Edelmann seine Erfahrung. „Obligatorisch hierbei ist die Steigerung des Kundennutzens und der Wirtschaftlichkeit. Oft gibt es auch Anforderungen des Kunden, die uns Konstrukteure anspornen. Um stets zufriedenstellende Kompromisse zu finden, analysieren wir im Team, was technisch umsetzbar ist.” 

Erst wenn der Kraftfluss für ein neues Zerspanungswerkzeug definiert ist, wird mit der eigentlichen Konstruktion begonnen. Zudem ist es sehr wichtig, Konstruktionen additiv und nicht subtraktiv zu planen ‒ also aufbauend nicht abtragend. „Man erwischt sich anfangs immer wieder selbst dabei, dass man gedanklich etwas abfräst, ein Loch bohrt oder etwas auf der Drehmaschine bearbeitet”, gesteht Edelmann. 

Das Fazit fällt durchweg positiv aus

Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass die perfekt additiv gefertigten Werkzeuge keinerlei materiellen Ressourcen verschwenden, eine weitgehend gleichmäßige Massenverteilung aufweisen, selbststützend sind und wenig Funktionsflächen für die Nachbearbeitung nach dem Druck aufweisen. 

Wie profitiert der Leichtbau von der additiven Fertigung?

Der 3D-Druck ist eine unverzichtbare Fertigungsmethode im Leichtbau, der als treibender Faktor zu mehr Nachhaltigkeit gilt. Während die additive Fertigung bereits seit über 20 Jahren im Prototypenbau eingesetzt wird, ist der Einsatz in der industriellen Fertigung erst in den letzten Jahren populär geworden. Additive Fertigung ermöglicht eine werkzeuglose Fertigung, bei der die Produkte direkt aus 3D-CAD-Dateien durch schichtweises Auftragen von Material erstellt werden:

In einem dünnen Bett aus Metallpulver werden mit einen hochleistungsfähigen Ytterbium-Faserlaser gezielt jene Bereiche erschmolzen und beim Abkühlen verfestigt, die das Bauteil ergeben sollen. Mit immer neuen Metallpulverschichten wird der Vorgang so oft wiederholt, bis das Teil fertig ist. Von unseren Werkzeugexperten kommt hier eine RenAM 500Q von Renishaw zum Einsatz. Die RenAM 500Q ist mit vier leistungsstarken 500 Watt-Lasern ausgestattet. Zudem zeichnet sich die Anlage durch ihr eigens von Renishaw entwickeltes Optiksystem aus. Die Laserstrahlen werden über vier separate Kanäle in das Optiksystem geführt und auf die Bauplattform gelenkt. Alle vier Laserstrahlen können jeden beliebigen Punkt auf der Bauplattform erreichen. Dies erlaubt mehr Freiheiten bei der Schmelzstrategie.
In den Segmenten Automotive und Raumfahrttechnik sind additiv gefertigte Werkzeuge aktuell besonders gefragt. Hier geht es besonders oft um Leichtmetall-Zerspanung und höhere Bauteilanforderungen. Grundsätzlich können aber Kunden aller Branchen profitieren, sobald Leichtbau bei ihnen eine wichtige Rolle spielt.