Wie die Geometrie eines Bohrers Standzeit und Bohrungstoleranz beeinflusst

Unter der Bohrergeometrie versteht man Anzahl und Lage der Bohrerschneiden, der Spannuten und die dabei verwendeten Winkel. 

Nach der Art der herzustellenden Bohrung unterscheidet man:

Spiralbohrer

Eine Bohrung ins Volle wird mit einem Spiralbohrer ausgeführt. Dabei wird ein zylindrischer Hohlkörper durch Zerspanen des Materials erzeugt. Für das Bohren im Durchmesserbereich bis 20mm und einer Bohrtiefe bis 100mm ist der Spiralbohrer das am häufigsten verwendete Werkzeug. 

Gewindebohrer

Beim Gewindebohren wird zuerst eine Vollbohrung gemacht, danach mit Gewindebohrern ein Gewinde geschnitten. Dieser Schritt kann per Hand oder mit der Maschine vollzogen werden. Das entstehende Innengewinde ist genormt, damit es zu einem entsprechenden Außengewinde passt.

Stufenbohrer

Ein Stufenbohrer erzeugt eine abgestufte Bohrung, um eine Verbindungsmöglichkeit (z.B. einen Schraubenkopf) im Material versinken lassen zu können. Eine nachträgliche Bearbeitung wie Reiben oder Senken ist meist nicht erforderlich.

Geometrie eines Spiralbohrers

Unterschiedliche Geometrien wirken sich auf die Maßgenauigkeit der Bohrung und die Standzeit des Bohrers aus.

Um zu verstehen, welcher Aspekt einer Bohrergeometrie welchen Faktor bei Standzeit oder Bohrtoleranzen beeinflusst, kann man beispielhaft die Geometrie eines Spiralbohrers im Einzelnen betrachten. Auch Bohrer, die nicht über Schneiden, sondern Wendeschneidplatten verfügen, sind derselben Herausforderung unterworfen, Spanabfuhr, Schnittgeschwindigkeit und Vorschubraten optimal anzupassen.

  1. Spitzenwinkel
  2. Hauptschneiden
  3. Hauptfreifläche
  4. Nebenschneide
  5. Spannut
  6. Führungsfase
  7. Seitenspanwinkel

Durchmesser des Spiralbohrers

Der Durchmesser eines Spiralbohrers verjüngt sich im Bereich der Spannuten von der Bohrerspitze zum Schaft hin. Die Verjüngung beträgt 0,02 bis 0,08mm auf 100mm Spannutenlänge und verringert die Reibung im Bohrloch. Außerdem erleichtert das den Spanabfluss.

Spitzenwinkel – Zentrierung des Spiralbohrers

Der Spitzenwinkel befindet sich am Kopf des Spiralbohrers. Der Winkel wird zwischen den beiden Schneiden an der Spitze gemessen.

Je kleiner der Spitzenwinkel, umso leichter ist die Zentrierung im Werkstoff. Auf gewölbten Oberflächen ist die Gefahr des Abrutschens dadurch ebenfalls geringer. Zur Bearbeitung schlecht wärmeleitender, kurzspanender Werkstoffe wählt man kleine Spitzenwinkel, die dann langen Hauptschneiden ermöglichen eine gute Wärmeabfuhr über das Werkzeug. Allerdings kann bei zu kleinem Spitzenwinkel durch die Spanstauchung das Bohrloch oder die Spannut verstopfen. Ein kleiner Spitzenwinkel erhöht ebenfalls den Schneidenverschleiß.

Bei gut wärmeleitenden oder langspanenden Werkstoffen wird ein großer Spitzenwinkel gewählt, weil er einen guten Spanablauf und eine geringe Schnittkraft ergibt. Ein großer Spitzenwinkel führt allerdings leichter zum Verlaufen des Bohrers und einer größeren Bohrung.

Die meisten Spiralbohrer haben einen Spitzenwinkel von 118 Grad. 90 Grad werden für harte, verschleißende Kunststoffe verwendet, 130 Grad bei weichen und zähen Werkstoffen und 140 Grad für langspanende Leichtmetalle.

Hauptschneiden des Spiralbohrers – verantwortlich für die Zerspanungsleistung

Beim Spiralbohrer sind stets zwei Hauptschneiden vorhanden, die durch eine Querschneide verbunden sind. Die Hauptschneiden übernehmen den eigentlichen Bohrvorgang. Lange Schneiden haben im Vergleich zu kurzen Schneiden grundsätzlich eine höhere Zerspanungsleistung. 

Querschneide des Spiralbohrers – je kürzer, desto besser

Die Querschneide befindet sich in der Mitte der Bohrerspitze und hat keine Schneidwirkung. Sie übt lediglich Druck und Reibung auf das Werkstück aus und ist im Grunde für den Bohrvorgang hinderlich. Durch entsprechende Schleifverfahren kann man die Länge der Querschneide verringern. Dieses sogenannte Ausspitzen oder der Kreuzschliff haben eine wesentliche Verringerung der Reibkräfte zur Folge und damit eine Verringerung der nötigen Vorschubkraft. Gleichzeitig wird die Bohrerspitze im Werkstück besser zentriert. 

Nutprofil (Spiralnut) des Spiralbohrers – verantwortlich für die Standzeit

Der Spiralbohrer besitzt zwei gegenüberliegende schraubenförmige Spannuten, die die Abfuhr der Späne und die Zufuhr des Kühlschmierstoffes ermöglichen. Sie werden in den Rohling meist eingeschliffen, eingefräst oder eingewalzt. Breite Nutprofile sind flacher, und lassen größere Kerndurchmesser des Bohrers zu.

Eine schlechte Spanabfuhr bedeutet eine höhere Wärmeentwicklung, die wiederum zum Ausglühen und letztendlich zum Bruch des Bohrers führen kann.
Ein richtiger Spanstau kann radiale Bewegungen des Bohrers verursachen und die Bohrungsqualität, Standzeit sowie die Zuverlässigkeit des Bohrers beeinflussen und ebenfalls Bohrer- bzw. Plattenbrüche hervorrufen. Je breiter das Nutprofil ist, umso besser funktioniert die Spanabfuhr.

Kern – Stabilität des Spiralbohrers

Die Kerndicke ist das entscheidende Maß für die Stabilität des Spiralbohrers. Spiralbohrer mit großem (dickem) Kerndurchmesser besitzen eine höhere Stabilität und sind daher für höhere Drehmomente und härtere Werkstoffe geeignet. 

Führungsfasen und Nebenschneiden des Spiralbohrers – verantwortlich für die Rundlaufgenauigkeit und die Qualität der Bohrlochwandung

  1. Hauptschneide
  2. Freifläche
  3. Nebenschneide

Durch Hinterschleifen längs der Spannuten entstehen die Führungsfasen. Sie sind je nach Bohrerdurchmesser 0,1 bis 5mm breit und unterstützen die Führung des Bohrers im Bohrloch. Die Qualität der Bohrlochwandung hängt entscheidend von ihrer Beschaffenheit ab. 

Die Nebenschneide bildet den Übergang von Führungsfase zu Spannut. Sie löst und schneidet Späne, die sich am Werkstoff verklemmt haben.

Die Länge der Führungsfasen und Nebenschneiden ist maßgeblich vom Spiralwinkel abhängig.

Spiralwinkel (Drallwinkel) des Spiralbohrers – bestimmt die Anwendung bezogen auf den Werkstoff

Der Drallwinkel, auch Spiralwinkel genannt, wird durch die Nutrichtung und die Bohrerachse gebildet. Er bestimmt die Größe des Spanwinkels an den Hauptschneiden und damit den Prozess der Spanbildung.

Größere Spiralwinkel liefern einen effektiven Abtransport bei weichen, langspanenden Werkstoffen. Kleinere Spiralwinkel hingegen kommen bei harten, kurzspanenden Werkstoffen zum Einsatz.

Spiralbohrer die einen sehr kleinen Spiralwinkel (10° - 19°) haben, weisen eine langezogene Spirale auf. Im Gegensatz dazu haben Spiralbohrer mit einem großen Spiralwinkel (27° - 45°) eine gestauchte, kurze Spirale. Spiralbohrer mit einer Normalspirale haben einen Spiralwinkel von 19° - 40°. 

Welcher Bohrer für welchen Werkstoff - 3 Typen

Das DIN Handbuch für Bohrer und Senker definiert unter DIN 1836 die Aufteilung der Anwendungsgruppen in die drei Typen N, H und W

  1. Typ N: Normalspirale für normalharte Werkstoffe wie allgemeine Baustähle, Nichteisenmetalle und Gusseisen. Nicht geeignet für weiche Werkstoffe
  2. Typ H: Langgezogene Spirale für harte, kurzspanende, spröde und zähharte Werkstoffe wie Stahl, Hartkunststoff, Plexiglas oder Schichtpressstoffe
  3. Typ W: Für weiche, langspanende und zähe Werkstoffe wie Aluminium, Kupfer, oder weiche Kunststoffe.

Schnittgeschwindigkeit & Verschleiß

Bei richtig gewählten Schnittbedingungen ist der Verschleiß überall gleichmäßig. Ungleichmäßiger Verschleiß kann bei zu hoher Schnittgeschwindigkeit, zu großem Vorschub oder zu hartem Werkstoff eintreten. Der Bohrer muss dann an der Freifläche soweit nachgeschliffen werden, bis der Verschleiß an der Hauptschneide, Querschneide und Führungsfase vollständig beseitigt ist. Wird der Verschleiß an der Führungsfase nicht beseitigt, klemmt der Bohrer.