HSC-Fräsen (High Speed Cutting) - Tempo machen beim Zerspanen

Noch immer gilt High Speed Cutting (HSC), zu deutsch Hochgeschwindigkeitsfräsen, manchen als ein wenig exotisch und eher für spezielle Aufgaben geeignet. Dabei wächst das Einsatzspektrum kontinuierlich. Es bietet großes Potenzial für eine wirtschaftliche und dennoch hochpräzise Bearbeitung von Bauteilen. Allerdings ist es nicht damit getan, eine Spindel mit hoher Drehzahl einzusetzen. Erst das Zusammenspiel einer für das HSC-Fräsen ausgelegten CNC-Maschine mit darauf abgestimmten Werkzeugen erbringt optimale Ergebnisse.

HSC-Fräsen - Definition

Eine präzise Definition oder gar eine Norm für HSC gibt es nicht. Das Verfahren arbeitet mit sehr hohen Drehzahlen von bis 100.000 Spindelumdrehungen pro Minute. Die Vorschübe betragen das Fünf- bis Zehnfache im Vergleich zur konventionellen Zerspanung. Dafür ist die Spandicke deutlich geringer. Als Weiterentwicklung beziehungsweise Sonderform des CNC-Fräsens kommt es zum Einsatz, wenn es um hohe Zerspanleistung bei gleichzeitig hoher Oberflächenqualität geht.

HSC-Fräsen – Vorteile 

Ein bedeutender Vorteil des HSC-Fräsens ist die deutlich reduzierte Durchlaufzeit aufgrund kürzerer Bearbeitungszeiten und des bis zu 30 Prozent höheren Zeitspanvolumens. Darüber hinaus bietet das HSC-Fräsen aber noch etliche weitere Vorteile, die – je nach Einsatzfall – zum Tragen kommen.

So treten deutlich geringere Schnittkräfte (Faktor 30!) und Bauteiltemperaturen auf. Die sehr viel geringere Zustellung reduziert die Schneidkantenbelastung und ergibt gleichmäßige, sehr dünne Späne. Die so verbesserte Span- und Wärmeabfuhr sorgt aber auch für einen verringerten Wärmeverzug. Das ermöglicht das Bearbeiten sehr dünnwandiger Werkstücke und steigert die Prozesssicherheit.

Dank der guten Wärmeabfuhr lassen sich auch sehr harte (bis etwa 70 HRC) und Sondermaterialien wie Titan und Nickelbasislegierungen oder faserverstärkte Kunststoffe gut bearbeiten.

Außerdem führt das HSC Fräsen dank weicher, tangentialer Werkzeugbahnen zu sehr guten Oberflächenqualitäten. Eine Nachbearbeitung der Werkstücke ist oft nicht mehr nötig oder zumindest deutlich einfacher.

Herausforderungen beim HSC-Fräsen - Werkzeugmaschinen und CNC-Programme 

Kein Vorteil ohne Nachteil. Das HSC Fräsen erfordert in der Regel spezielle Werkzeugmaschinen, welche die an sie gestellten erhöhten Anforderungen bezüglich Unwucht, Eilgängen der Achsen und der auf ihnen eingesetzten Werkzeuge erfüllen müssen. Die Maschinen erfordern mehr Wartung als konventionelle Fräsmaschinen. So müssen Arbeits- beziehungsweise Motorspindeln häufiger ausgetauscht werden. Außerdem ist eine geeignete Software erforderlich, mindestens ein CNC-Programm oder eine CAD/CAM-Software. HSC sollte immer als ein Gesamtprozess betrachtet werden, der Methoden, Werkzeuge und Maschinen umfasst.

Die Rotationsgeschwindigkeiten führen zu hohen Tangentialkräften, die eventuell wegfliegende Bruch- und Spanstücke zu gefährlichen Geschossen mit hohem Verletzungsrisiko machen. Das erfordert aufwändige Sicherheitsmaßnahmen, insbesondere einen entsprechend ausgelegten Schutzraum um den Arbeitsbereich. Die hohen Drehzahlen in Verbindung mit hohen Kraftbelastungen können außerdem zu einem erhöhten Werkzeugverschleiß führen.

Meist werden Fräser aus feinkörnigem, beschichtetem Vollhartmetall oder Vollkeramik eingesetzt, wobei die hohe Bearbeitungsgeschwindigkeit spezielle Schneidengeometrien erfordert. Teilweise sind zusätzliche Schneidstoffe wie polykristallines kubisches Bornitrid (PKB) oder polykristalliner Diamant (PKD) erforderlich.

Spezielle Werkstoffe erfordern spezifische Werkzeuge 

Wie bereits beschrieben, sind HSC-Fräser meist aus Vollhartmetall eingesetzt. Darüber hinaus gibt es Wendeplattenfräser mit Wendeschneidplatten aus polykristallinem kubischem Bornitrid, einem weißen geruchlosen Feststoff, und polykristallinem Diamant (PKD), einer synthetisch hergestellten Masse aus Diamantpartikeln. 

HSC-Fräsen - Schnittdaten

Noch mehr als das konventionelle Fräsen erfordert das HSC-Fräsen die richtigen Werkzeugparameter in Abhängigkeit vom Werkstoff.

Hier einige Erfahrungswerte, wobei die genannten Angaben nur als grobe Schätzwerte zu verstehen sind und im Einzelfall deutlich davon abweichen können.

Aluminium

Für die Aluminiumbearbeitung eignen sich spiralisierte Zwei-Schneider mit ca. 45° Steigung und großen Spankammern. Der Spanwinkel sollte 15° bis 20°, der Seitenfreiwinkel 10°–12° betragen. Bei geringerer Spindelleistung, kleinen Vorschüben oder tiefen Nuten sind einschneidige spiralisierte Werkzeuge die bessere Wahl. 

Kupfer und Kupferlegierungen

Grundsätzlich können dieselben Werkzeuge wie für Aluminium verwendet werden. Die Vorschubwerte liegen je nach Legierungszusammensetzung zwischen 0,02 und 0,4 mm pro Zahn. Um Aufbauschneiden beim Fräsen von Reinkupfer zu vermeiden, sollte die Werkzeugschneide feinstgeschliffen sein. Fräsen im Gleichlauf eignet sich besser als im Gegenlauf. Vorteilhaft sind keramische Werkzeuge, da sie bis zu zehnfach höhere Schnittgeschwindigkeiten erlauben.

Grafit

Das relativ weiche Grafit erfordert nur geringe Schnittkräfte. Die mehlartigen Späne sollten möglichst rasch und vollständig abtransportiert werden, um die Standzeit zu erhöhen. Eine ultraharte Diamantbeschichtung der Grafitfräser wirkt dem abrasiven Verschleiß durch das Grafit entgegen. Gleichlauffräsen verbessert die Spanabfuhr.

Stahl

Bei Schnittgeschwindigkeit von 750 m / min in Stahl lassen sich Standwege von 20–25 m erreichen. Für den Schnittgeschwindigkeitsbereich zwischen 500 und 1500 m / min sind VHM-Fräser der ISO Klasse P die richtige Wahl. Verbessern lassen sich die Standwege bei gleichbleibendem Spanwinkel (0°) durch einen größeren Seitenfreiwinkel und mehr Vorschub. Der optimale Seitenfreiwinkel liegt bei ca. 12°–20°. Vor allem für den Werkzeug- und Formenbau eignen sich geradegenutete Werkzeuge, die vor bzw. über Mitte schneidend sind. Optimale Schnittdaten sind Gleichlauffräsen und Trockenschnitt mit vc=500-1500 m / min und vf=0,3-0,7 mm.

Gusseisen

Gusseisen lässt sich am besten mit beschichteten VHM-Werkzeugen bearbeiten. Der Spanwinkel sollte 0° bis 6°, der Seitenfreiwinkel 12° betragen. Ein weicher Ein- und Austritt in bzw. aus dem Werkstoff verringert die Kamm- und Querrissbildung der Beschichtung. Bei Schnittgeschwindigkeiten von 1000 m / min lässt sich das Zeitspanvolumen für beispielsweise GG 25 verzehnfachen. Die Standzeit liegt bei etwa 20 m pro Schneide. Damit lassen sich Oberflächen in Schleifqualität erzielen. Hoher Vorschub (pro Zahn 0,3-0,4 mm) verbessert die Standzeiten.

Faserverstärkte Kunststoffe 

Gerade für das Zerspanen faserverstärkter Kunststoffe bietet die HSC-Bearbeitung große Vorteile, da die Schnittkräfte deutlich niedriger sind. Hohe Vorschubwerte reduzieren die der Randzonen-Delamination. Die gute Wärmeabfuhr durch den Span minimalisiert die thermische Belastung des Grundmaterials.

- CFK- und GFK-Werkstoffe: Kohle- und glasfaserverstärkte Kunststoffe sollten im Gegenlauffräsen und gegen die Faser bearbeitet werden. Diese hoch abrasiven Materialien erfordern jedoch polykristalline Diamantwerkzeuge. Optimale Zerspanungsergebnisse lassen sich mit Schnittgeschwindigkeiten von ca. vc=4500 m / min und Vorschüben von vf bis 30 m / min erzielen. Der optimale Spanwinkel liegt bei 5°, der Seitenfreiwinkel bei 10°.

- AFK-Werkstoffe: Bei Aramidfaser-verstärkten Werkstoffen müssen kraftleitende Fasern durchtrennt werden. Das erfordert scharfe Werkzeugschneiden und eine ähnliche Geometrie wie bei der Leichtmetallbearbeitung. Am besten eignen sich Werkzeuge der ISO-Gruppe K. Optimale Zerspanungsergebnisse lassen sich bei einer Schnittgeschwindigkeit vc=2000-3000 m / min und Vorschubgeschwindigkeiten vf=10-15 m / min erzielen.

→ Die genannten Angaben sind als grobe Schätzwerte zu verstehen und können im Einzelfall deutlich davon abweichen. 

HSC-Fräsen auf einen Blick

  • Bis zu 30 Prozent mehr Zeitspanvolumen
  • Fünf- bis zehnfache Vorschub-Geschwindigkeiten
  • Schnittkräfte betragen 1/30, gut für dünnwandige Bauteile
  • Oberflächen in Schleifqualität
  • Weniger Wärmeeintrag, dadurch weniger Verzug
  • Auch nach dem Härten bis etwa 70 HRC und für Sonderwerkstoffe einsetzbar
  • Reduzierte Durchlaufzeiten durch hohe Zerspanleistung beim Vorschruppen und hohe Oberflächenqualität beim Schlichten